Steinbruch | Ort der Zeiten
Ort
Diese Abschlussarbeit behandelt ein Steinbruchgebiet in Mittelfranken. Schon vor dem Ersten Weltkrieg bis heute wurden an jenem Ort Jura-Steinplatten abgebaut und unter anderem bis nach China, Japan und in die USA exportiert. Auch in Berlin sehen wir tagtäglich Platten von diesem Ort. Der Abbau formte die Landschaft grundlegend um. Ende des 19.Jahrhunderts wurde dort das 150 Millionen Jahre alte Fossil des berühmten Urvogels Archaeopteryx gefunden, welcher ein bedeutendes Indiz für die Richtigkeit der Darwin’schen Evolutionstheorie wurde. Der Ort ist also archäologisch, geologisch und auch anthropologisch höchst interessant und außergewöhnlich. Vor allem aber fungiert der Ort in seiner fundamentalen Wirkung sowohl als Sinnbild der Vergänglichkeit, als auch der Dauerhaftigkeit der Dinge und Lebewesen.
Zeiten
Wie soll nun mit diesem besonderen Ort umgegangen werden – einem Ort, der heute von Abwanderung und Vergessenheit bedroht ist? Von der Erkenntnis fasziniert, dass sich Informationen über 150 Millionen Jahren in Steinschichten „überliefern“ lassen, beschäftigt sich diese Arbeit auch mit den Möglichkeiten, wie wir heute und zukünftig Informationen speichern und lesen können. Zudem geht es um das Erfahrbarmachen des Ortes für sich. Eine solide Informationsbeschaffung sowohl durch Gespräche mit Professoren und Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Universitäten und Instituten, wie Beispielsweise dem Historiker Prof. Jochen Büttner vom TOPOI Institut (Max Planck Institut und Humboldt Universität), als auch der Besuch von Referenz-Orten war Grundlage für drei Entwürfe als Intervention für dieses spezielle Areal. Was man heute über die Überlieferungsmöglichkeiten der Zukunft weiß ist, dass es immer neue Möglichkeiten geben wird Informationen zu überliefern, dass es also ein nie abgeschlossener Prozess für die Zukunft sein wird, Informationen auf angemessene Medien zu übertragen.
Entwurf
Insgesamt wurden drei Gebäude gestaltet, welche sich mit der beschriebenen Thematik auseinandersetzen. Entworfen wurde zum einen ein Institut für Überlieferung, an dem länderübergreifend und an einem inhaltlich stimmigen Ort an zukünftigen Formen der Datenspeicherung geforscht und gearbeitet werden kann. Außerdem entstand ein Ort der Stille, welcher von interessierten Besuchern zur inneren Einkehr aufgesucht werden kann. Das dritte Gebäude fungiert als Herberge um sich direkt an diesem besonderen Ort auch für mehrere Tage zurückzuziehen. Insgesamt sind die drei Baukörper so gestaltet, dass sie sich in ihrer Außenwahrnehmung ähneln und sich dann im Inneren, je nach Inhalt und Nutzen des Gebäudes, jeweils voneinander unter- scheiden. Die monolithische Wirkung nach außen wird durch die Verwendung von Stampfbeton mit Zement und Zuschlägen direkt aus dem Abbaugebiet vor Ort in Schichten geformt. Die drei Gebäude wirken je nach Standort des Betrachters unterschiedlich nach außen. Jeder Baukörper ist geprägt durch eine spezielle Choreografie des Ankommens und Verweilens.
Institut
Das Institut für Überlieferung sitzt zwischen zwei ehemaligen Bruchkanten. Das Gebäude nimmt in seiner Form diese Kanten auf.
Auch dort erfolgt das Ankommen sowohl für Besucher als auch für Angestellte schrittweise. Empfang, Garderoben, Schließfächer und zum Schluss ein Raum in dem die Schuhe zum Be- treten des Instituts gewechselt werden können. Die Büroräume können flexibel genutzt wer- den. Daneben befinden sich kleinere Räume, welche für DNA-Drucker, Quarz-Laser und für zukünftige Möglichkeiten der Informationsüberlieferung zur Verfügung stehen. Die großen Besprechungsräume am Nord- und Südende des Gebäudes weisen eine Doppelgeschossigkeit auf. Diese können ebenso für Veranstaltungen genutzt werden. In den Untergeschossen befinden sich Serverräume als Speicherungsmöglichkeit der Gegenwart, welche über genug Kapazität verfügen, um Informationen auf neue Medien zu übertragen. Die Massivität des Gebäudes wird nach innen zum gemeinsamen Hof hin aufgelöst, welcher als gemeinsamer Aufenthaltsort dient. Der natürlich geschichtete Boden im Hof steht im Kontrast zu den Glasschiebetüren des Instituts.
Herberge
Das Gebäude verläuft entlang eines Steinwegs nach unten in eine große Abbaugrube. Am südlichen Ende des Baukörpers befindet sich der Eingang. Dort angekommen beginnt ab dem Empfang das schrittweise Ablegen des Gepäcks, der Schuhe und aller anderen überflüssigen Dinge. Nur das Notwendigste bleibt. Man gelangt nun zu einem spartanisch eingerichteten Zimmer in den Untergeschossen. Dieses besteht aus Tisch mit Stuhl und einem Fenster nach außen, gerichtet auf die Nordseite einer ehemaligen Bruchkante, welche langsam von der Natur überwuchert wird. Bei Be- darf kann ein Zimmer mit Bett zur Übernachtung genutzt werden. Eine kleine Cafeteria im Erdgeschoss lädt bei Bedarf zum Austausch und Verweilen ein.
Ort der Stille
Man nimmt diesen Baukörper zuerst beim Vorbeifahren oder Vorbeilaufen wahr, da dieser etwa drei Meter aus dem Straßenniveau herausragt. Die Erschließung erfolgt schrittweise über den Steinweg, Schicht für Schicht durch die Jahrmillionen nach unten in die Grube. Dort, an einer Felsspalte, entdeckt der Besucher auf den zweiten Blick den Eingang. Der Innenraum öffnet sich anschließend durch die leichte Schieflage des Gewölbes. Im diffusen Innenraum, welcher nur von oben durch eine Öffnung belichtet ist, befindet sich eine Ansammlung von schattenliebenden Farnpflanzen. Eine der wenigen Pflanzenarten, welche über die Jahrmillionen bis heute überlebt haben.
Ab und zu nimmt der Besucher durch die angrenzende Landstraße Geräusche der Gegenwart wahr. Bei Regen tropfen kleine Rinnsale entlang der eingestampften Erdschichten bis zum weichen Erdboden, auf dem der Farn bis in die Ewigkeit gedeiht, hinunter.