Fragmentarisches Entwerfen | Strategien für ein Benutzerintegriertes Gestalten

Entwurfsprinzip

Im Fragmentarischen Entwurf geht es darum, zusammen mit den zukünftigen Bewohnern Qualitäten in Form von Fragmenten durch einen Entwurf in Materie umzusetzen. So leitet sich der entstehende Entwurf direkt von den Wünschen, Vorstellungen und Qualitäten der künftigen Bewohner ab. Die Fragmente werden durch sensible Gespräche und Zeichnungen generiert. Die Herangehensweise erfolgte durch einen Selbstversuch und einen praxisorientierten Versuch mit einer Bauherrin. Die Abschlussarbeit „Fragmentarisches Entwerfen – Strategien für ein benutzerintegriertes Gestalten“ besteht aus einem praktischen und einem theoretischen Teil, die im gleichnamigen Buch den gesamten Entwurf zusammenfassen und gleichzeitig mit theoretischen Texten den gesamten Entwurfsprozess untermauern. Ein Video beschreibt den Entwurfsablauf genauer.

Selbstversuch – Erkenntnisse

Fragmente sollten so gestaltet werden, dass nur Elemente auftauchen, die gut begründet sind. Unsichere Dinge sollten daher zuerst weggelassen werden. Es wird nur das gezeichnet, was auch wirklich wichtig und wovon der Benutzer überzeugt und wessen er sich sicher ist. Genauso sollten nur Materialien definiert werden, die gut begründet sind. Alle unwichtigen Oberflächen können im Fragment weggelassen werden. Sie ergeben sich durch das Zusammenfügen und gewinnen dann an Sinnhaftigkeit. Fragmente, die nur ein bestimmtes Volumen oder eine bestimmte Fläche haben, an dem der Benutzer keinen Gestaltungsanspruch verfolgt, sollten durch kein Fragment dargestellt werden. Diese Räume ergeben sich dann leicht bei der Zusammensetzung. Hierbei soll der Kontext nun besser mit einbezogen werden. Dazu dient der praxisorientierte zweite Versuch.

Praxisorientierter Entwurf

Anwendung der Entwurfsstrategie für den Entwurf eines Einfamilienhauses in einem Neubaugebiet in Magdeburg – Bauherr: G. Petzold (Bauingenieurin). Die beiden Versuchsergebnisse unterscheiden sich sehr stark voneinander:
je nach Eigenart des Benutzers entweder verwinkelt und vermischt im ersten Versuch bzw. rational und geordnet im zweiten Versuch.
Zu Beginn schien es so, als hätte alle Entwürfe am Ende den gleichen Charakter der Zusammengesetztheit, des Fragmentarischen, welches sich sowohl im Innen- als auch im Außenraum widerspiegeln wird. Nach längerer Auseinandersetzung mit dem Thema erscheint es nun klar, dass durch diese Art des Entwurfs sowohl strenge, geordnete Strukturen, als auch verspielte, naive Strukturen entstehen können. Und zwar genau aus dem Grund, dass durch den Fragmentarischen Entwurf an sich die individuellen Qualitäten eines Bauwerks durch den darin lebenden Bewohner entstehen dürfen und diese je nach Bewohner, unter anderem, sowohl rational als auch naiv sein können.

Ergebnis

Die beiden Versuche sind also Beweise dafür, wie sehr unterschiedliche Bedürfnisse in einem einfachen Prinzip vereint werden können. Grundvoraussetzung für den benutzerintegrierten Entwurf sind die persönlichen „Qualitätsstücke“ (Fragmente) des zukünftigen Bewohners. Ausgehend davon können dem Bauherren im end- gültigen Entwurf dann alle räumlichen Strukturen und Materialitäten durch die vom ihm selbst gestalteten Fragmente erklärt werden. Besonders erstaunlich ist dabei, dass der Bauherr durch die endgültige Zusammensetzung der Fragmente deswegen sowohl erstaunt, als auch überzeugt ist, da er durch den Entwurfsprozess an sich zu jedem einzelnen Fragment des Hauses einen engen Bezug aufgebaut hat.  Diese Tatsache unterstreicht am Ende noch einmal mehr, dass letztendlich vielmehr der Prozess, den der Bewohner mit dem Gestalter („actor“) durchlaufen haben, als die Form selbst wichtig ist:

„[…] after that, the form is not more important.“